Die häufigsten Infektionen der oberen Atemwege sind die umgangssprachlich als Erkältungskrankheiten („grippale Infekte“) bezeichneten Erkrankungen. Es handelt sich dabei um eine Gruppe selbstlimitierender Infektionskrankheiten, die den gesamten oberen Atemtrakt – von der Nase und den Nasennebenhöhlen über den Rachen und Kehlkopf bis zur Luftröhre und den Bronchien – betreffen können. Diese Erkrankungen werden überwiegend durch Viren verursacht. Bei einem komplikationslosen Verlauf ist daher eine Therapie mit Antibiotika nicht sinnvoll. Die späte Gabe eines Antibiotikums wird häufig als „Heilung“ wahrgenommen, obwohl meist die körpereigene Genesung im Rahmen des Krankheitsverlaufs erfolgt – auch ohne die risikobehaftete Behandlung mit Antibiotika.
Erkältungskrankheiten werden von klar definierten Infektionskrankheiten wie der Influenza („echte“ Virusgrippe), bakterieller Rhinosinusitis, Scharlach, Streptokokkenangina und weiteren Erkrankungen abgegrenzt, da bei diesen jeweils andere Therapieempfehlungen und Risiken bestehen.
Über 200 Virussubtypen, die Infektionen der oberen Atemwege und entsprechende Symptome verursachen können, wurden bereits identifiziert. Die häufigsten sind Rhinoviren (ca. 30–50 %), Coronaviren (die weit mehr Serotypen umfassen als das bekannte SARS-CoV-2), Influenzaviren, Respiratorische Synzytialviren (RSV) u. v. m. Jedes dieser Viren existiert in mehreren Varianten.
Abhängig von Alter und Exposition können im Jahresverlauf bis zu 30 Infekte auftreten – eine Erklärung, warum bei Kita-Kindern die Nase häufig läuft.
Welche Symptome auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab: vom Virus, der Virusmenge und vom Gesundheitszustand der betroffenen Person. Prinzipiell können alle Erkältungsviren ähnliche Symptome verursachen, sodass aus der Symptomatik allein keine Rückschlüsse auf den Erregertyp möglich sind. Die Höhe der Virusausscheidung korreliert anscheinend mit der Symptomlast. Personen mit stark ausgeprägten Symptomen sind daher vermutlich am ansteckendsten. Der Höhepunkt wird in der Regel am zweiten bis dritten Tag der Infektion erreicht; die Ansteckungsfähigkeit für andere Personen bleibt jedoch bis zu zwei Wochen bestehen.
Wer keinen Kontakt hat, kann sich nicht anstecken. Für eine Infektion ist enger Kontakt mit infizierten Körpersekreten erforderlich. Da das Immunsystem kleiner Kinder sich erst an die in der Bevölkerung vorherrschenden Infektionskrankheiten anpassen muss, treten diese Erkrankungen bei ihnen häufiger auf.
Neben dem direkten Kontakt mit Körpersekreten können Viren auch über kontaminierte Oberflächen und durch Tröpfchen in der Luft übertragen werden. Häufiges Händewaschen und das Vermeiden von Gesichtskontakt können das Infektionsrisiko reduzieren.
Das Infektionsrisiko ist besonders in geschlossenen Räumen mit geringer Luftzirkulation erhöht. Regelmäßiges Lüften kann helfen, die Virenkonzentration in der Luft zu verringern und so das Ansteckungsrisiko zu mindern.
Kinder, ältere Menschen und immungeschwächte Personen sind häufig anfälliger für Ansteckungen und sollten besonderen Schutzmaßnahmen beachten, etwa den Kontakt mit erkrankten Personen zu vermeiden.
Das Tragen einer Maske kann ebenfalls helfen, die Ausbreitung von Tröpfchen zu minimieren, insbesondere bei Erkältungssymptomen.
Ebenso scheinen psychischer Stress, intensives körperliches Training und Schlafdefizit oder schlechte Schlafqualität das Risiko für Erkältungskrankheiten zu erhöhen. Ebenso gelten chronische Grunderkrankungen oder Immundefekte (z.B. durch zehrende Erkrankungen oder chronische Infektionen), Mangel– oder Fehlernährung und Rauchen als Risikofaktoren.
Viele Viren können auf kontaminierten Oberflächen mehrere Stunden überleben. Glatte Oberflächen scheinen Viren länger zu erhalten als poröse, daher ist eine regelmäßige Desinfektion dieser Oberflächen sinnvoll. Ebenso wird eine Händedesinfektion nach Kontakt mit solchen Oberflächen empfohlen, z. B. nach der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder gemeinsamer Tastaturen und Werkzeuge.
Aus den genannten Risikofaktoren ergeben sich auch präventive Maßnahmen. Achten Sie insbesondere während der Erkältungszeit auf ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung. Meiden Sie bei Risikofaktoren möglichst große Menschenansammlungen in den Erkältungsmonaten.
Regelmäßiges, moderates körperliches Training reduziert nachweislich die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten. Empfohlen werden mindestens 150 Minuten moderates Ausdauertraining pro Woche. Bewegung an frischer (auch kalter) Luft könnte die Antikörpermenge auf unseren Schleimhäuten erhöhen; Training in warmer Umgebung zeigt jedoch eine ähnliche Wirksamkeit zur Vorbeugung von Erkältungen.
Zur prophylaktischen Kälteexposition wie Eisbaden oder Wechselduschen gibt es nur eingeschränkte Daten. Die wissenschaftliche Evidenz ist hier eher anekdotisch, und qualitativ hochwertige Studien sind schwer durchführbar. Wechselduschen oder Saunieren während einer akuten Infektion sind nicht zu empfehlen – überlassen Sie die zur Temperaturanpassung notwendige Energie lieber dem Immunsystem.
Auch eine ausgewogene Ernährung wirkt vorbeugend. Bei einer abwechslungsreichen, wenig verarbeiteten Kost sind in der Regel keine Nahrungsergänzungsmittel nötig. Für Nahrungsergänzungsmittel gibt es bisher nur unzureichende Daten, sodass bei einer ausgewogenen Ernährung keine wissenschaftlich fundierte Empfehlung für zusätzliche Tabletten besteht. Achten Sie stattdessen auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D3 (Pilze, Eier, Seefisch, Milchprodukte, Sonnenlicht), Zink (rotes Fleisch, Käse, Nüsse, Linsen, Fisch), Selen (Vollkornprodukte, Seefisch, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse) und Vitamin C (Hagebutten, rote Beeren sowie viele Obst- und Gemüsearten). Auch B-Vitamine gelten als förderlich. Anstatt teure Tabletten zu kaufen, bevorzugen Sie lieber die Empfehlung: möglichst unverarbeitet, vielseitig und schonend zubereitet.
Grundsätzlich empfehlen wir körperliche Ruhe und reichlich Flüssigkeit zu trinken – bevorzugt Wasser.
Auch wenn es wenige Maßnahmen gibt, die die Krankheitsdauer relevant verkürzen, sind durch verschiedene Maßnahmen die Symptome erträglicher oder lassen sich Komplikationen vermeiden.
Therapieprinzipien
Das grundlegende Ziel der Therapie ist die Unterstützung des Immunsystems und der körpereigenen Reparaturmechanismen. Wenn Sie entzündungshemmende Schmerzmittel einnehmen und dadurch die Schmerzen kaschieren, ohne sich ausreichend zu schonen, kann dies die Krankheitsdauer verlängern. Der Körper benötigt zudem viel Energie, um Fieber zu erzeugen – ein wichtiger Teil der Immunabwehr. Fiebersenkende Maßnahmen bewirken, dass der Körper erneut Energie für den Fieberaufbau aufwenden muss. Dies zeigt sich bei Schüttelfrost (Fieberaufbau), der nach Einnahme eines fiebersenkenden Mittels in ein Hitzegefühl (Fieberabbau) übergeht, um dann nach Abklingen der Medikamentenwirkung erneut in Schüttelfrost zu münden. Senken Sie daher Fieber nur, wenn es notwendig ist, um sich ausreichend auszuruhen. Manche Fachleute empfehlen jedoch eine frühzeitige Einnahme von symptomatischen Medikamenten, um die Lebensqualität zu verbessern, da eine moderate Anwendung in der Regel keinen Einfluss auf die Krankheitsdauer hat.
Wenn erforderlich, nehmen Sie Paracetamol, Ibuprofen oder Naproxen gemäß den Herstellerangaben ein.
Durch feuchte Schleimhäute werden abgestorbene Zellen schneller abtransportiert, und das Immunsystem kann dort effizienter arbeiten. Trinken Sie daher ausreichend, lüften Sie regelmäßig und verwenden Sie Luftbefeuchter oder stellen Sie Wasserschalen an die Heizung. Nasenduschen können helfen, die Schleimhäute zu befeuchten und die Beweglichkeit der Flimmerhärchen (mukoziliäre Clearance) zu unterstützen. Kritiker betonen jedoch, dass eine zu häufige Nasenspülung die Schleimhäute reizen kann, wodurch die natürliche Barrierefunktion der Schleimhäute gestört werden könnte.
Physikalische Maßnahmen
Ohrenschmerzen und Kopfschmerzen können bei Atemwegsinfekten durch Schleimhautschwellungen verursacht werden, die zu einer Mittelohr- oder Nasennebenhöhlenentzündung führen können. Abschwellende Maßnahmen wie warme Umschläge, Dampfinhalationen und Rotlichtanwendungen sind hier sinnvoll. Während viele Betroffene subjektive Erleichterung durch Dampfinhalationen empfinden, gibt es Fachmeinungen, die ihre Wirksamkeit für die Krankheitsdauer anzweifeln und darauf hinweisen, dass die Wärme bei akuter Sinusitis sogar die Beschwerden verstärken könnte.
Es gibt Hinweise, dass es ausreichen kann, die Schleimhäute einfach feucht zu halten (siehe Therapieprinzipien) und der zusätzlichen Einnahme von Wirkstoffen und Fertigpräparaten nicht unterlegen ist. Maßnahmen zur Hustenlösung können anscheinend die Krankheitsdauer nicht verändern, möglicherweise verändert sich jedoch die Symptomlast. Anders steht es bei der Nasennebenhöhlenentzündung, bei der Leitlinienempfehlungen zu schleimlösenden Präparaten existieren.
Als schleimlösend gelten u.a.
Fieber zu senken ist grundsätzlich nicht notwendig. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist jedoch zur Unterstützung der Thermoregulation sinnvoll. Neben physikalischen Maßnahmen (z. B. Wadenwickeln) gibt es nur begrenzte Daten zu pflanzlichen fiebersenkenden Mitteln, weshalb ihre Wirksamkeit oft angezweifelt wird. Vergleichsstudien zeigen eine deutlich stärkere Wirkung bei antipyretischen Medikamenten.
Zur Fiebersenkung geeignet, sofern gewünscht
Eingeschränkte Daten existieren für die Phytotherapeutika
Husten ist ein Reflex, der in manchen Lebensphasen überlebenswichtig ist. Im Zusammenhang mit einer Infektion muss Husten in der Regel nicht behandelt werden, da die Schleimlösung meist nicht die Krankheitsdauer verkürzt, sondern nur die Symptomlast. Sinnvoller ist die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache: Viren zerstören Atemwegsschleimhautzellen und aktivieren so Entzündungsprozesse und Reparaturvorgänge, die wiederum den Hustenreflex auslösen. Trinken Sie viel, halten Sie die Umgebungsluft feucht und schlafen Sie bei Bedarf mit leicht erhöhtem Oberkörper. Honig kann Kindern helfen, den nächtlichen Husten zu lindern, wobei manche Experten die Wirksamkeit für minimal halten. Wichtig: Bei Kindern unter einem Jahr ist Honig aufgrund von Botulismus-Risiken nicht geeignet. Eine „Lösung“ des Hustens ergibt anscheinend keine kürzere Krankheitsdauer.
Was Sie versuchen können
Schnupfen und Sinusitis
Die Prinzipien der Befeuchtung der Schleimhäute gilt auch hier. Für ruhigen Schlaf können Sie abschwellende Nasentropfen verwenden. Nasenduschen gelten ebenso als vorteilhaft um die Schleimhäute feucht zu halten.
Durch die Schwellung der Schleimhäute kann es jedoch zu einem Sekretstau in den Nasennebenhöhlen und dem Mittelohr kommen. Diese Räume sind mit kleinen Wegen mit dem Nasen-/Rachenraum verbunden und können durch die Schwellung verlegt werden. Die Konsequenz ist eine Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) mit Schmerzen und Druckgefühl im Gesichtsbereich oder eine Mittelohrentzündung mit den ziehend-drückenden Ohrenschmerzen.
In beiden Fällen kann unter Umständen eine Antibiotikatherapie in Betracht gezogen werden. Bei hohem, lang anhaltenem Fieber oder stärksten Schmerzen, die mit antientzündlichen Schmerzmitteln nicht kontrolliert werden können, verschreibt Ihnen Ihr Arzt mit einiger Sicherheit ein Antibiotikum um Komplikationen vorzubeugen. Im Regelfall ist es aber weder sinnvoll noch zu empfehlen.
Für die Sinusitis existieren Leitlinienempfehlungen. Die Mittelohrentzündung können Sie primär genauso behandeln:
Die Prinzipien der Befeuchtung der Schleimhäute ist hier ebenso sinnvoll. Lutschbonbons werden von verschiedenen Herstellern angeboten, gegebenenfalls wirken Sprays, Salben oder Gurgellösungen jedoch besser. Wenn geschwollene Lymphknoten die Schmerzen verursachen wirken Schmerztabletten (z.B. Ibuprofen) in der Regel besser. In manchen Fällen können die Schmerzen vom Mittelohr ausstrahlen, die Behandlung haben wir oben schon erläutert.
Bei Halsschmerzen, geschwollenen Halslymphknoten, Fieber und fehlendem Husten kann eine bakterielle Ursache der Halsschmerzen vorliegen. In diesem Fall wird Ihnen je nach Befund Ihr Arzt gegebenenfalls ein Antibiotikum verordnen. Bei einer Streptokokkenangina sind Penicilline sehr wirksam und vermeiden das Auftreten von Komplikationen wie der rheumatischen Fieber.
Vermeiden Sie Tabakrauch, Alkoholika oder scharfe Speisen.
Behandlungsoptionen sind
Die auf dieser Seite angegebenen Handelsnahmen sollen Beispiele darstellen. Wirkstoffgleiche Präparate anderer Hersteller können gegebenenfalls kostengünstiger sein und sind den angegebenen Präparaten in der Wirksamkeit nicht unterlegen. Es existieren weitere Wirkstoffe, die gegebenfalls nicht genannt wurden und in ihrer Wirksamkeit und/oder Sicherheit den hier genannten nicht unterlegen sein müssen. Die Autoren beziehen keinerlei Zuwendungen der Hersteller der genannten Präparate